Bei unserer “Grünen-” Sitzung am 12.4. stand das Thema der Flurneuordnung in Wiesenbach ganz oben auf der Tagesordnung. Daher kamen auch einige Mitglieder der Gruppe von hiesigen Grundstücksbesitzern zu uns, die dem sehr kritisch gegenüber stehen.
Zunächst informierten wir uns über die Vorteile, die ein solch großer Eingriff in Natur, Umwelt und Besitz bringen könnte: Es könnten neue Wege angelegt und ihr Verlauf verändert werden, insbesondere könnte ein Ringweg das Ackerland rund um Wiesenbach erschließen. Bislang muss es sternförmig vom Ort aus angefahren werden. Die Wege würden dann breiter und stärker befestigt werden. Eine Zersplitterung von Grundbesitz könnte durch Um- und Zusammenlegung aufgelöst werden, sodass die Felder schneller und mit größeren Maschinen nutzbar sind. Im Rahmen des Umweltschutzes (Biotopverbund, Arten- und Biotopschutz…) könnten Fortschritte gemacht werden. Die finanzielle Beteiligung (bis zu 60-75% der Kosten) durch Bund, Land und EU ist natürlich reizvoll. Einen Teil könnte evtl. die Gemeinde übernehmen. Den großen Teil der „Restkosten“ müssen jedoch die Grundstücksbesitzer tragen, z.B. über eine Enteignung von 5% ihres Besitzes.
Brauchen wir in Wiesenbach dies? Hilft es uns weiter? Wir haben hier im Ort im Wesentlichen nur noch einen Landwirt, der die Flur mit Sommer- und Winterweizen sowie Rüben bestellt. Dies lässt sich offenbar gut auch mit dem bestehenden Wegenetz bewerkstelligen. Dazu ist also keine Flurbereinigung nötig! Und einen Anreiz für Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft oder gar einen ökologischen Mehrwert über eine Neuausrichtung des landwirtschaftlichen Anbaus sehen wir hier bei uns durch die geplante Flurneuordnung derzeit nicht.
Schaut man sich eine Katasteraufnahme Wiesenbachs an, so kann man deutlich sehen, dass auch das Argument der Begradigung und Ordnung der Flur nicht greift, denn die Grundstücke liegen auch jetzt schon erstaunlich gerade und geordnet nebeneinander. Die zu bestellenden Felder selbst erscheinen uns bereits groß und zusammenhängend. Die Notwendigkeit eines Ringweges rund um Wiesenbach sehen wir ebenfalls nicht, denn die Grundstücke liegen recht nahe um den Ortskern, sodass es wohl keine Unzumutbarkeit darstellt (auch für den Autoverkehr, der vielleicht mal einige Meter hinter einem Traktor bleiben muss), wenn vom Ort aus sternförmig angefahren wird. Das wäre in unseren Augen das kleinere Übel gegenüber dem Flächenverlust und den Kosten durch den Wegebau. Sehr beindruckend waren für uns die Berichte über die emotionale Verbundenheit, die Grundstücksbesitzer oft mit ihrem Land verbindet. So wurde erzählt, dass schon der Opa an diesem bestimmten Baum das Obstschneiden gelehrt hat und jetzt die eigenen Enkel noch immer darunter spielen. 5 Generationen! Wie schön! In einer anderen Familie haben die mittlerweile gerade erwachsenen Söhne ein Streuobststück übernommen und pflegen es jetzt fachmännisch, schneiden, fällen, wo notwendig, und pflanzen neu. Machen nicht gerade solche Bindungen und Erlebnisse aus einem Wohnort eine Heimat? Es gibt so viel Anonymisierung. Müssen wir da nicht über Generationen gewachsene Strukturen unter unseren besonderen Schutz stellen? Eigene enttäuschende, ernüchternde Erfahrungen eines Anwesenden, der als Grundstücksbesitzer an einem über 20 Jahren laufenden Flurbereinigungsprozess teilgenommen hatte, rundeten diese erste Meinungsbildung zum möglicherweise anstehenden Flurneuordnungsverfahren in Wiesenbach ab.
Wohlwissend, dass die Grün-Rote-Landesregierung die „nachhaltige Strukturentwicklung“ über eine Flurneuordnung fördern möchte, erscheint uns hier für Wiesenbach nach all diesen Diskussionsbeiträgen eine Flurneuordnung zum jetzigen Zeitpunkt in keiner Weise plausibel. Die Interessen, die wir an unserem Landschaftsbild haben, lassen sich mit Sicherheit auch auf anderem Weg und vor allem mit anderen Mitteln erreichen. Ob dafür eine Flurneuordnung und der damit verbundene Aufwand sowie die Kosten gerechtfertigt sind, wagen wir heute erst einmal zu bezweifeln.
Hinweis: Übrigens ist das Flurneuordnungsverfahren Wiesenbach auf der Internetseite des Amtes für Flurneuordnung des Rhein-Neckar-Kreises bereits aufgenommen. (IS)
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